Der Freytag: «Sei ein Mensch!»

«Sei ein Mensch.» Das war der zentrale Satz in Marcel Reifs Rede bei der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag am 31. Januar 2024.

Wörter haben Gewicht. «Sei ein Mensch» – drei einfache Worte, die das Leben seines Vaters, eines Holocaust-Überlebenden, prägten und die er seinem Sohn weitergab. Am 31. Januar 2024 fanden sie Gehör im Plenarsaal. Diese Worte erinnerten an Menschlichkeit und Verantwortung. Wörter sind mehr als Buchstaben; sie können verbinden, versöhnen und den Frieden fördern.

Wie ich eines Morgens dazu kam, mir diese Rede im Nachhinein anzuhören, hat mit einem Interview zu tun, das ich entdeckte.

Während ich durch meine Social-Media-Feeds scrollte, stieß ich beim ersten Kaffee auf das Interview «Michel Abdollahi trifft Marcel Reif – Käpt’ns Dinner“ vom 5. Oktober 2024». Ich schaute es mir direkt an und war von Anfang an gefesselt. Ein sehenswertes Gespräch, das ich euch am Ende des Artikels verlinken werde.

Goethe schrieb einmal an Schiller: «Der Mensch ist dem Menschen das Interessanteste.» Auch 230 Jahre später bleibt diese Aussage gültig. Marcel Reif, den ich als Sportkommentator nicht besonders mochte, hat mich in diesem Interview überrascht. Seine Eloquenz und seine Ansichten gefielen mir, und ich begann, ihn aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Im Interview spricht Reif auch über eine Reise nach Nordkorea und die Eindrücke, die er dort gesammelt hat. Er reflektiert über Demokratie, Freiheit und persönliches Glück, und wie totalitäre Systeme Menschen beeinflussen. Er zieht Parallelen zu Erfahrungen von Kollegen aus der ehemaligen DDR. Besonders von Minute 6:46 bis 10:42 ist das Thema interessant. Ich empfehle das Interview sehr.

Gegen Ende des Gesprächs, ab Minute 20:35, geht es um die Rede im Bundestag. Reif erzählt von den Hintergründen dieser Ansprache, die mich ebenfalls sehr beeindruckte. Sie regt zum Nachdenken an und passt gut in unsere Zeit. Reif spricht über die Erfahrungen seines Vaters und das damalige Klima. Auch diesen Link werde ich unten einfügen.

Verfolgung ist eine der schlimmsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann – die Ungewissheit über das eigene Schicksal und die ständige Bedrohung. Leon Reif überlebte den Holocaust und bewahrte sich dennoch seine Menschlichkeit. Dass er seinem Sohn den einfachen, aber kraftvollen Rat «Sei ein Mensch» mitgab, verdient hohe Anerkennung, dass er trotz all des Leids, das ihm die Nazis zufügten, seine Menschlichkeit bewahrte. Marcel Reif erinnert mit seiner Rede an Vergebung und Menschlichkeit.

In Zeiten wie diesen, geprägt von Konflikten und Spaltung, sollte «Sei ein Mensch» ein Leitgedanke für uns alle sein. Statt Unfrieden zu säen, ist es an der Zeit, die Hand zur Versöhnung auszustrecken.

S.

«Non nobis solum nati sumus.» (Nicht für uns allein sind wir geboren.) – Cicero

 

Anhang – die Links zu den Videos:

Michel Abdollahi trifft Marcel Reif
www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL25kci5kZS9wcm9wbGFuXzE5NjM1NzcwOF9nYW56ZVNlbmR1bmc?utm_source=pocket_shared

Marcel Reif bei der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag am 31.01.24:
www.youtube.com/watch?v=jXDa0tyt894

Verba potentiam habent! (Worte haben Macht!)