Bücherwelten: Über Kafka, über die Zeit und über Inseln

Gesellschaftlich – gegenwartsbezogen – gibt es eine Unmenge an Zeilen, die geschrieben werden könnten; manchmal sogar müssen. Diesen Texten, diesen Zeitzeugenzeilen fehlt oft die Leichtigkeit und Schönheit des Lebens, die es trotz oder gerade weil der aktuellen Situation doch noch gibt. Viele Menschen haben viele Methoden entwickelt, um in Zeiten von Krise und Not in einen sicheren Hafen einlaufen zu können, um für kurze Augenblicke dem Sturm zu entkommen. Manche mögen es Flucht nennen – aber alle haben diese Inseln im Leben notwendig.

2024 jährt sich der 100. Todestag von Franz Kafka; am 3. Juni, um ganz genau zu sein. Franz Kafka: geboren am 3. Juli 1883 in Prag, Österreich-Ungarn / verstorben am 3. Juni 1924 in Kierling, Österreich war ein ganz besonderer, spezieller Zeitgenosse; ich schätze, liebe seine Werke; ganz besonders das Werk Amerika: sollte jeder gelesen haben. Heute möcht ich euch allen, die von dieser sehr fordernden und anstrengenden Zeit gestresst und/oder ausgelaugt sind, einen meiner Häfen präsentieren: Ich lese jeden Abend; manchmal bis tief in die Nacht hinein – was mich mit Franz Kafka vielleicht etwas verbindet, die Nacht zur Literaturzeit umformen. Im Moment kann ich das Werk: »Auf der Schwelle zum Glück / Die Lebensgeschichte des Franz Kafka« kaum mehr aus meiner Hand legen; jeden Abend freu ich mich, als träfe ich einen geliebten Menschen; freue mich auf die Zweisamkeit mit dem Buch und bin beglückt in einer anderen Welt zu sein. Jeder, der noch liest, kennt dieses Gefühl, diesen Zustand beim Lesen und jeder kennt auch die Trauer, wenn das Buch ausgelesen, die letzten Buchstaben verinnerlicht sind; es gleicht dem Verlust eines guten Freundes; die Lebenswege trennen sich.

Wir waren einst das Land der Dichter und Denker; aber was bei diesem Passus fehlt: Wir haben auch immer viel gelesen! – Das Denken benötigt ein Fundament, eine Grundlage, einen Stamm an Wissen, Informationen, geistige Bilder. Der Nährboden im Gehirn hat immer einen Ursprung; oft waren dies die Bücher; die Geschichten, die Erzählungen, die zu einem grossen Ganzen in der Denkstube zu einer gigantischen Ansammlung führte und immer noch führt. Die richtigen Bücher kann ich niemanden empfehlen, da die Denkstuben und die Vorlieben sehr unterschiedlich – Gott sei Dank – sind. Aber ich kann euch heute dieses oben genannte Werk empfehlen; gehört jetzt schon zu einem Buchtipp für 2024 und ist ganz ober auf meiner Liste: Sollte man 2024 gelesen haben. Ich bin gespannt, was 2024 noch so alles an literarischen Überraschungen und geistigen Rettungshäfen in petto für mich hat.

S.

Franz Kafka