Sprache – Kunde oder nicht?

Lieber C. K.,

unsere Gesellschaft scheint polarer zu werden. Hier ist es nur legitim, wenn Sie ihren Nachnamen alle Ehre zollen wollen und versuchen diese inhomogene Masse von einzelnen Individuen wieder stärker miteinander zu verbinden, zusammen zu kleben. Nur scheint mir, dass dieser Vorgang des Kitten-Wollens, lediglich ein frommer Wunsch bleiben wird, denn die Polarisierung schreitet in einem sich immer deutlicher abzeichnenden Maße voran, so dass es selbst der stärkste rhetorische Kleber nicht mehr vermag zu verbinden.

Die Brücke über den Atlantik, sie bröckelt, auch, wenn diese Brücke schon bessere Zeiten erlebt haben mag, so erleben wir doch derzeit eine große Umkehr – in unterschiedliche Richtungen – auf beiden Seiten dieses Ozeans. Ich las auch neulich, in einer großen Wochenzeitung, dass Sie der Karl-Eduard von Schnitzler der BRD sein sollen – nun ja, Adel verpflichtet. Aber halt auch nicht immer (?), wurde er nicht als Sudel-Ede tituliert?! So schwarz, wie dieser Kanal auch gewesen, so rot war zugleich seine Gesinnung, eine Gesinnung, die versteckt und immer häufiger unter dem Deckmäntelchen anderen „schöner“ Farben daherkommt und heutzutage wieder eine starke Wiederbelebung erfährt – aber vielleicht ist das auch nur ein kurzes Aufbäumen vor dem großen Finale, Infernale.
Die DDR, im Rückspiegel und volle Fahrt voraus in eine Zukunft, ja in welche? Auf jeden Fall in eine mit einer anderen Sprache, denn heutzutage muss man fast bei allen Wörtern nachfragen, welche Bedeutung der Sprecher dem Gesagten verleiht, oder besser gesagt, was er darunter versteht; freilich, das macht die Kommunikation mühsamer, aber zumindest ist dies der Anfang einer – echten (?) – Kommunikation, wo man sich noch um ein gemeinsames Verständnis bemüht; vielerorts wird nur noch auf einer reinen emotionalen Ebene gesprochen und keiner achtet mehr auf den semantischen Rahmen – ich will sagen, alle sprechen aneinander vorbei, dafür aber umso lauter.
Lieber C., wir werden uns wohl beide anpassen müssen, die Zeiten verändern sich; Brücken verfallen, Sprache verändern sich. Ich unterstütze übrigens nicht den Vergleich zum Sudel-Ede, aber ich muss Ihnen auch gestehen, dass ich kein Kunde Ihrer Kunde bin.

Mit vielen freundlichen Grüßen
Ihr S.