Ostern ist mit das älteste und auch das höchste Fest der Christen: Der wichtigste Feiertag ist der Ostersonntag. Dieser Hochtag im Kirchenjahr beendet die 50 Tage andauernde Fastenzeit. Er ist gleichzeitig Auftakt der nun beginnenden und 50 Tage anhaltenden Osterzeit – sie wird mit dem Pfingstfest enden. Am Ostersonntag wird der Wiederauferstehung von Jesus Christus gedacht – am dritten Tage …, nachdem er am Karfreitag am Kreuz verstarb. Diese Auferstehung gilt als Zeichen der Hoffnung.
Das erste Konzil – Versammlung von Bischöfen und Geistlichen zur Erörterung und Entscheidungsfindung von kirchlichen Fragestellungen – von Nicäa wurde von Konstantin I. im Jahre 325 n. Chr. in Nicäa bei Byzantion einberufen und es entschied, dass der Ostersonntag stets am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang zu feiern ist; somit ergab sich der frühestmögliche Termin mit dem 22. März und der spätmöglichste mit dem 25. April. In diesem Jahr 2023 fällt dieser Tag auf den 9. April.
Ostern und die Eier
Der Ostersonntag steht historisch gesehen eng in Verbindung mit dem Essen. Im Altertum wurde Lammfleisch zur Weihe unter die Altäre gelegt, um es an diesem Tag als erste Speise zu verkosten. Ab dem 12. Jahrhundert wurden nachweislich Eier geweiht und ab dem 13. Jahrhundert wurden erstmalig bemalte Ostereier erwähnt. Wir kennen diese bunten Eier auch heute noch. Zur Osterzeit sind sie in Geschäften vorzufinden und viele Familien gehen diesen alten Brauch auch heute immer noch nach und färben mit ihren Kindern gemeinsam die Ostereier.
Ostern im sakralen Kontext: Die Suche
Tod, Auferstehung, Hoffnung und Erlösung, sie liegen zur Osterzeit alle gemeinsam sehr nah beieinander, – sie berühren sich. Im normalen Alltagsleben denken die meisten sicher nicht über diesen gewichtigen philosophischen Gedanken nach; aber an Tagen wie dem Ostersonntag tritt diese urzeitliche spirituelle Frage aus ihrem nebligen und normalen Schattendasein. Gut möglich, dass die Suche nach Erlösung sehr eng in Verbindung steht mit der Suche nach dem Sinn – dem Sinn des Seins.
Bei viele Menschen beginnt sie wahrscheinlich, nachdem sie sich in einem Zustand von Not oder Schmerz wiederfinden. Es gibt viele Arten davon: Krankheit, Trauer, Verlust, sie sind so mannigfaltig wie die Sterne im Universum. Der Zustand von Glückseligkeit ist im Leben allzu oft sehr kurzweilig – flüchtig; so wie sich die Jahreszeiten in der Natur ständig verändern, so reichen sich abwechselnd Freud und Leid gegenseitig die Hand. Die Suche nach Erlösung, vielleicht einem Durchbrechen dieses – ewigen? – Kreislaufes, findet nicht nur aus dem Zustand des Leidens heraus statt, auch viele Philosophen und Intellektuelle befanden und befinden sich bereits auf der Suche.
Erlösung: Ein großer Gedanke?
Erlösung, ein großes Wort oder doch nur eine Begrifflichkeit? Aus sakraler Sicht kann das Wort Erlösung durchaus auch als Befreiung verstanden werden; in diesem Kontext stellt sich die Frage nach dem wo. Ob sie im Diesseits oder ausschließlich im Jenseitigen erfolgen kann? Ferner schwingt auch die Frage nach dem wie mit. Erlösung durch die eigene Kraft mittels einer Lehre oder durch die Gnade eines göttlichen Erlösers?
Im östlichen Kulturkreis wird dieses Heilsziel sehr häufig so verstanden, dass der einzelne Mensch durch das Befolgen eines Gebotes oder Weges – im Osten Fa oder Tao genannt – nur für sich selbst die Erlösung erlangen kann. Bei uns im Westen wird diese Art von Erlösung mehr als ein übernatürlicher Vorgang verstanden, der durch die aktive Handlung Gottes erfolgt. Weiterhin klingt auch das was bei diesem Gedanken mit. Die Erlösung der Welt in ihrer Gesamtheit – ihrer Schöpfung – oder die des einzelnen Gläubigen?
Viele alte spirituelle Wege stehen uns Menschen zur Verfügung – sie stehen für uns bereit; aber dies muss nicht gleich bedeuten, dass wir ihnen auch begegnen, dass sie sich uns offenbaren; im Östlichen wird oft davon gesprochen, dass nicht der Schüler nach dem Meister sucht, sondern der Meister nach seinem Schüler – ein Meister vertritt meistens einen Weg – das Tao.
Wir Westler haben in der Regel unsere Schwierigkeiten mit diesen Begrifflichkeiten, da wir sie im Kontext nicht richtig zu deuten verstehen. Wenn wir an Meister denken, haben wir häufig einen Meister aus dem Handwerk im Sinn; aber Bleiben wir beim Östlichen. Im Chinesischen gibt es einen alten Spruch: Meister für einen Tag, Vater für ein Leben. Dieser – grob übersetze – alte Satz beschreibt, wie dieses Verhältnis zwischen einem spirituellen Meister und seinem Schüler im östlichen Kulturkreis zu verstehen ist – es beschreibt die tiefgründige und enge Beziehung zwischen dem Gelehrten und seinem Schüler und zeigt die große Verantwortung des Lehrers gegenüber seinem Schüler.
Leider ist auch der asiatischen Raum nicht von den modernen Strömungen der Neuzeit verschont geblieben und die Kulturrevolution hat besonders in China viel vom alten Wissen für immer zerstört. Dennoch gelang es ein paar alten Wegen zu überleben und dieses Wissen steht uns nach wie vor zur Verfügung. Im Östlichen geht es sehr häufig darum, dass sich der Schüler im Verhalten, im Sprechen und im Denken an das durch seinem Meister überlieferte Gebot angleicht und somit zu einem besseren Menschen wird.
Die Parallelen zwischen Ost und West sind, wenn man sich etwas tiefer mit dieser Thematik befasst, durchaus vorhanden und auch erkennbar. In der Bergpredigt sprach Jesus von: Wenn dir jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin. Vom Kern her spiegelt dieser Ansatz sich auch in vielen östlichen Kultivierungsschulen wieder. Im Asiatischen wird oft von der Nachsicht gesprochen; sie zu praktizieren ist ein wesentlicher Bestandteil vieler Kultivierungsschulen. Auch wenn in vielen buddhistischen Schulen sehr stark auf die Barmherzigkeit geachtet wird und in den taoistischen Schulen die Wahrhaftigkeit stärker betont wird, so ist die Nachsicht eine universelle Größe, die alle Schulen zugleich berührt.
Menschen sind nicht vollkommen; Menschen machen Fehler. In dieser speziellen Zeit ist die Menschheit stark herausgefordert. Wäre es nicht wünschenswert, wenn alle miteinander etwas wohlwollender und nachsichtiger umgehen würden? Der Gedanke, den anderen Menschen gegenüber nachsichtig zu sein und eine wohlwollende Haltung einzunehmen, könnte im Leben viele Dinge erleichtern. Wer das schafft, der befindet sich bereits auf dem Weg (Tao) und kultiviert die Nachsicht. In den östlichen Schulen spricht man davon, dass durch diese Angleichung – Kultivierung – der Schüler die Erlösung erreichen kann; oft wird in diesem Kontext auch von der Erleuchtung gesprochen. In diesem Sinne wünsche ich allen ein strahlendes und (er)leuchtendes Osterfest. – Am Ende noch ein Rezept mit Kurzvideo für ein Osterbrot; denn nicht nur der Geist verlangt nach Nahrung.
Fortsetzung folgt …
S.
Der Freytag: DerFreytag.de
Link zum Osterbrot von Bettina (bettinas-jungbrunnen.de) – Rezept mit Kurzvideo: https://www.ganjing.com/video/1fodk291c2u2X5Jld2hU8fXUs1301c