Der Freytag: Auf dem Weg – ein Film und viel mehr – Filmtipp.

Es gibt sie noch; die Momente, die Augenblicke mit Mehrwert. Ich sah vor kurzem den Film: Auf dem Weg mit dem Hauptdarsteller Jean Dujardin (Oscarpreisträger: The Artist, Intrige). Regie führte Denis Imbert.

Worum geht es? »Nach einer wilden Partynacht stürzt der Schriftsteller und Abenteurer Pierre (Jean Dujardin) betrunken von einem Balkon und verletzt sich dabei schwer. Kaum aus dem Koma erwacht, beschließt er, gegen den Rat seiner Ärzte und Familie, Frankreich zu Fuß zu durchqueren. Pierres Reise beginnt im Süden in der Provence. Durch unberührte Natur und auf verborgenen Pfaden wandert er 1.300 km bis an die Küste der Normandie. Auf dem langen Weg macht er Zufallsbekanntschaften, wandert einen Teil des Weges mit seinem besten Freund Arnaud (Jonathan Zaccaï) oder seiner jüngeren Schwester Céline (Izïa Higelin). Schritt für Schritt findet er durch die Auseinandersetzung mit der Natur, seinem Körper und seinen Begegnungen den Weg zu sich selbst.
Jean Dujardin erfindet sich in der Rolle eines verwöhnten Schriftstellers neu. Frei nach der Lebensgeschichte und dem darauf basierenden Bestseller ›Auf versunkenen Wegen‹ des französischen Autors Sylvain Tesson (Der Schneeleopard, Weiß), besticht er als komplexer Charakterdarsteller vor den majestätischen Landschaften Frankreichs. Unter dem Originaltitel SUR LES CHEMINS NOIRS feierte der Film mit über einer Million Kinozuschauern in Frankreich bereits einen Riesenerfolg.«1https://www.x-verleih.de/filme/auf-dem-weg/

Ich hatte vor, den Film nebenbei anzuschauen; saß am Schreibtisch; ein EarPod steckte im Ohr – ich hörte halbherzig und nur mit einem Ohr zu – und nahm mir ein paar Texte aus dem Skizzenbuch zur Hand, um sie zu überarbeiten. Der Film lief und noch ziemlich am Anfang hörte ich Sätze wie diesen: »Die verborgenen Wege zu nehmen, nach Lichtungen zu suchen, hinter Brombeergestrüpp, war die einzige Möglichkeit der Maschinerie der Stadt und der Gefangenschaft toter Bildschirme zu entkommen.« Ich war aus meiner Korrekturmechanik schlagartig heraus gerissen und dachte nur: Wow! Was für eine poetische Sprache! Ab diesem Moment war ich völlig hineingezogen in dem Film, mit der Sprache und der Natur Frankreichs zutiefst verwoben; einzigartige Landschaftsaufnahmen sah ich; erlebte triviale Alltagssituationen mit dem Abenteurer und Schriftsteller Pierre lebendig mit; die Momente eines Suchenden, eines Wanderers auf dem Weg – zu sich selbst. Vieles erinnert an den Jakobsweg und ist dennoch anders; der Film transportiert bild- und sprachtechnisch eine Tiefgründigkeit, die in jedem Moment auf dem ganzen Körper einwirkt.

Unsere Gegenwart ist genau das Gegenteil von dem, was der Film zeigt, vermittelt und transportiert: Menschlichkeit, Ruhe, Reflexion – der kritische Blick auf das eigene Selbst. Unsere Zeit ist überladen, durchzogen von völliger Selbstüberschätzung der Gesellschaft sich selbst gegenüber; dem Einzelnen mangelt es an Demut. Der Hauptdarsteller im Film wurde aus dieser real immer stärker um sich greifenden egozentrischen Weltverortung herausgerissen durch ein tragisches Unglück; er rafft sich auf und überdenkt beim Alleinsein in der Natur fernab von der hektischen Zivilisation sein Leben. Fernab der Großstädte saugt er in der Einsamkeit den Nektar des Lebens auf; versteht das Menschsein aufs Neue; viele blumige Sprachinseln von ganz hohem poetischen Wert tauchen für Augenblicke wie Rettungsinseln für den desillusionierten Dichter und Denker auf und trösten über Augenblicke fern der Hoffnung hinweg; ich wurde mit einer schon tot geglaubten filmischen Tiefgründigkeit konfrontiert, die mich unverhofft wie ein Blitz aus dem heiteren Himmel traf positiv überrascht.

»Aufbruch bedeutet, eine Bresche in die Mauer zu schlagen. Da ich weder den Nazismus eines Aktivisten in mir hatte, noch die Wut eines Saboteurs, zog ich die Freiheit vor.«2Aus dem Film

»Die Wege hatten ihre Aufgabe erfüllt. Durch das Gehen war ich wieder aufgerichtet; noch bevor ich den letzten Schritt getan hatte.«3Aus dem Film

Diesen Film muss man gesehen haben! Auf dem Weg! – Auf zum Anschauen!!!

»Nationen sind keine Reptilien, sie wissen nicht, was bei ihren Häutungen herauskommt.«4Aus dem Film

 

Fortsetzung folgt …

S.

Der Freytag: DerFreytag.de

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    https://www.x-verleih.de/filme/auf-dem-weg/
  • 2
    Aus dem Film
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    Aus dem Film
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    Aus dem Film