Der Freytag: Eine Mauer fällt, ein Moment der Erinnerung – Falun Dafa am 9. November in Erfurt

Am 9. November besuchte ich den Falun Dafa-Infostand in Erfurt, an einem symbolträchtigen Tag: dem 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls.

Am vergangenen Samstag war ich in der thüringischen Landeshauptstadt, um über die Verfolgung von Falun Dafa in China zu informieren. Diese Verfolgung findet seit 1999 statt, und seit 2007 setze ich mich aktiv für Menschenrechte ein. Besonders China liegt mir am Herzen, da ich durch mein Qigong eng mit dem Reich der Mitte verbunden bin.

Das Land von Konfuzius und Laotse ist technisch fortschrittlich und schreitet in die Neuzeit, doch gesellschaftlich zeigt sich ein völlig anderes Bild. Statt Freiheit und Selbstbestimmung herrscht dort ein System wie aus dem tiefsten Mittelalter – wenn nicht gar schlimmer.
In der totalitären Diktatur Chinas missbrauchen Funktionäre der Kommunistischen Partei ihre Macht und unterdrücken das eigene Volk. Menschen zählen wenig; Selbstdenker und Kritiker werden bestraft, während Konformisten, Denunzianten und systemtreue Beamte belohnt werden. Das Gewissen bleibt auf der Strecke, und die Würde des Menschen ist in China mehr als antastbar. «Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.» Artikel 1 des GG. «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.» Artikel 1: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

Nicht nur die Würde ist im Reich der Mitte antastbar – auch die Daten der Bürger sind es. Dank des Social Credit Systems und modernster Technik ist die Beurteilung und Klassifizierung der Bürger vollständig automatisiert. Schritt für Schritt werden Menschen überwacht: durch unzählige Kameras, Sensoren und die lückenlose Überwachung der gesamten Kommunikation weiß der «Big Brother» – die KPCh – genau, wer wie einzuordnen ist. Hinzu kommt die landesweite Firewall, bekannt als das «Goldene Schild»: ein umfassendes Überwachungs- und Zensursystem der chinesischen Regierung zur Kontrolle des Internetverkehrs innerhalb Chinas. Initiiert vom Ministerium für Staatssicherheit blockiert diese Firewall gezielt den Zugang zu bestimmten ausländischen Webseiten und filtert unerwünschte Inhalte. Die Würde ist antastbar, die Daten sowieso, und auch die Gedanken sind nicht frei. Das «Goldene Schild» greift tief in die Gedankenbildung und -steuerung der Menschen ein – der kleine unbeeinflusste Rest, der im Kindergarten, in der Schule und an der Universität überlebt hat, wird durch diese Firewall und die digitale Überwachung endgültig ausgelöscht. «Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?» – Zeilen aus dem deutschen Volkslied «Die Gedanken sind frei», entstanden im 18. Jahrhundert.

Wer es schafft, dieser Beeinflussung standzuhalten und dennoch einen Rest an eigener Meinung bewahrt, läuft Gefahr, ins Visier des Staates zu geraten. Drastische Konsequenzen drohen: Schikane, Haft, Arbeitslager oder Umerziehungseinrichtungen mit Folter – und im schlimmsten Fall das Ausschlachten der Gefangenen, um deren Organe zu verkaufen. Der Organraub in China ist entsetzlich; er geschieht im großen Stil und wird staatlich orchestriert. Für den normalen, gutherzigen Menschen sind all diese Dinge unvorstellbar. Doch die Beweislage ist erdrückend. Am Ende dieser Kolumne füge ich eine Linkliste an. Wer sich weiter mit dem Thema befassen möchte, kann sich dort über die Sach- und Faktenlage informieren.

Am Infostand in Erfurt – vielleicht, weil ehemalige Ostbürger durch das DDR-System ein feineres Gespür für die Auswüchse eines sozialistischen Systems entwickelt haben – musste man kaum etwas erklären. Die Menschen schienen intuitiv zu spüren, wenn Unrecht geschieht und darüber berichtet wird. Der Osten ist für mich etwas ganz Besonderes; ich fühle eine tiefe und enge Verbindung zu Thüringen, meinem Nachbarbundesland. Am 9. November stand ich auf dem Fischmarkt, direkt vor dem Rathaus. Das neugotische Gebäude ist ein Blickfang und das Zentrum der politischen Macht in Erfurt. An diesem Tag, mit Blick auf das Rathaus, habe ich viel nachgedacht – über Demokratie, über den Stand der Dinge in Deutschland und darüber, wie viel Demokratieverständnis wir noch in uns tragen. Die Woche zuvor war turbulent: die «Ampel-Explosion» in Berlin beschäftigt mich, und meine Gedanken kreisen eng um den Radius der Demokratie. Ein ungutes Gefühl überkommt mich, wenn ich die aktuelle Lage beobachte.

In China ist Kritik an den Obrigkeiten verboten und kann schwere Folgen nach sich ziehen. Wie viel Kritik verträgt unsere eigene Regierung? Und wie stark setzen wir uns noch selbst für die Meinungsfreiheit ein? Ich kann diese Fragen nur in Erinnerung rufen. Welche Integrität hat unsere Politik? Ich habe viele Bilder aus China von gefolterten Menschen gesehen, Berichte über grausame Unmenschlichkeiten gelesen und persönliche Erzählungen von Chinesen und Chinesinnen gehört, die in Arbeitslagern inhaftiert waren. Ich bin bestürzt über all dies – und darüber, dass die Welt scheinbar teilnahmslos zusieht, während die Medien größtenteils schweigen; vielleicht tragen die subtilen Strategien wie Partnerschaften, Content-Sharing-Abkommen und kulturelle Kooperatione zwischen China und dem Rest der Welt bereits Früchte. Diese Taktiken zielen darauf ab, die Berichterstattung zu beeinflussen und ein positives Bild Chinas zu fördern – auch der Anzeigenverkauf trägt dazu bei. – Am 1.7.2021 veröffentlichte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) eine ganzseitige Anzeige mit dem Titel «100 Jahre Kommunistische Partei Chinas». Diese Anzeige erschien anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Inhaltlich wurde unter anderem ein deutscher Unterstützer des sozialistischen Aufbaus in China erwähnt, und es wurden positive Aspekte der KPCh hervorgehoben. Die Anzeige wurde von der Nachrichtenagentur Xinhua verantwortet, die direkt von der KPCh gesteuert wird.

Viele fragen sich derzeit: Wohin wird sich die Welt bewegen? Es gibt einen Trend in Richtung Sozialismus. Vielleicht liegt das auch daran, dass unsere Gesellschaft übersättigt und bequem geworden ist – dennoch hoffe ich, dass uns chinesische Verhältnisse in Europa erspart bleiben. Ich hoffe, dass die Mitmenschlichkeit nicht weiter abnimmt. Die Entmenschlichung findet täglich statt; besonders in unseren Medien wird oft entwürdigt und nicht immer objektiv dargestellt. «Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.» – Artikel 1 des Grundgesetzes. «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.» – Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Am 10.12.1948 stimmten in der Generalversammlung der Vereinten Nationen 48 Mitgliedstaaten für diese Menschenrechtserklärung. Auch China stimmte dafür.

Viele Aspekte in dieser Kolumne habe ich nur angerissen, ohne tief ins Detail zu gehen. Die folgende Link- und Bücherliste soll all jenen dienen, die mehr darüber erfahren möchten. Am 9.11.24 stand ich in Erfurt auf dem Fischmarkt am Infostand und sprach mit den Menschen über die Verfolgung von Falun Dafa in China. Am 9.11.89 stand ich mit 14 Jahren an der Grenze in Bayern und blickte Richtung Thüringen. Der Schleier der Stasi hat sich in Deutschland gelüftet; der Sozialismus auf deutschem Boden ist gefallen. Damals kannte ich nur den Westen. Heute kenne ich viel mehr, und ich bin mir nicht sicher, wohin wir uns bewegen. Vielleicht lesen wir zu wenig und vergessen zu schnell. Die Link- und Bücherliste soll Abhilfe schaffen.

Sapere aude!

S.

Linkliste:

  • Was ist Falun Dafa: https://de.faluninfo.eu/hintergrund/wasistfalundafa
  • Warum die Kommunistische Partei Chinas Falun Gong verfolgt: https://www.de.faluninfo.eu/hintergrund/warum_verfolgt
  • Organraub in China – ein lukratives Geschäft: https://www.de.faluninfo.eu/gesichter_verfolgung/organraub
  • Killed for Organs: China’s Secret State Transplant Business (deutsche Version): https://www.youtube.com/watch?v=Bqmkv-R0Tt8
  • Zeugin bestätigt die Existenz eines Konzentrationslagers in Sujiatun und die Organentnahme an lebenden Menschen zur direkten Transplantation: https://www.epochtimes.de/china/zeugin-bestaetigt-die-existenz-eines-konzentrationslagers-in-sujiatun-und-die-organentnahme-an-lebenden-menschen-zur-direkten-transplantation-a10932.html
  • Folter in China: https://www.de.faluninfo.eu/gesichter_verfolgung/folter
  • Über den Film «Ausgeschlachtet – Organe auf Bestellung»: https://www.de.faluninfo.eu/2016/02/28/uber-den-film-ausgeschlachtet-organe-auf-bestellung
  • Ausgeschlachtet – Organe auf Bestellung 3sat: https://youtu.be/2sqjAXuVfiY
  • Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2013 zu Organentnahmen in China (2013/2981(RSP)), P7_TA-PROV(2013)0603: www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2013-0603+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE
  • Doctors Against Forced Organ Harvesting: https://dafoh.org
  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte: https://www.ohchr.org/en/human-rights/universal-declaration/translations/german-deutsch?LangID=ge
  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html

Patitionen:

  • DAFOH and ETAC Launch Petition to Call for Action on China’s Organ Harvesting Crimes: https://dafoh.org/dafoh-and-etac-launch-petition-to-call-for-action-on-chinas-organ-harvesting-crimes/
  • Der bösartigen Kommunistischen Partei Chinas ein Ende setzen: https://endccp.com/de/

Bücherliste:

  • Neun Kommentare über die kommunistische Partei Chinas
  • The Slaughter (Ethan Gutmann)
  • Staats-Organe (David Matas und Dr. Torsten Trey)
  • Eine beispiellose bösartige Verfolgung – Ein Angriff auf das Gute im Menschen (Dr. Torsten Trey)
  • Verfolgte Herzen (Detlef Alsbach)
  • Gao Zhisheng – Chinas Hoffung
  • Minghui Report – 20 Jahre Verfolgung von Falun Dafa in China
  • Die Kronzeugin – Eine Staatsbeamtin über ihre Flucht aus der Hölle der Lager und Chinas Griff nach der Weltherrschaft (Sayragul Sauytbay)
  • Kulturstadtbanause – Rückblick eines Weimarer Jungen (Steffen Andritzke)