Erst mal Kaffee!
Es erzählt sich leichter mit Kaffee.
Und wenn man Glück hat, auch mit sich selbst.
Die Tage werden kürzer, die Nächte werden lang,
und zwischen zwei Gedanken fängt ein Satz von selbst an.
Die Worte sprudeln plötzlich wie aus einem Stausee raus –
wo war das alles vorher, was jetzt so leicht heraus?
Erst mal Kaffee, und dann seh’n wir weiter,
vielleicht wird’s heute ein bisschen gescheiter.
Die Welt im Dampf der Tasse,
mein Herz auf leiser Gasse,
ein Skizzenblock aus Worten – ganz allein.
Neulich beim Lieblingsbäcker, die Maske sitzt, die Brille nicht.
Der Einkaufszettel – ein Mysterium, beschlagen und verwischt.
Ich nehm die Brille ab, halt den Zettel auf Distanz,
sag irgendwas mit „Kürbiskern“, geb auf –
und zahl mit Eleganz.
Und draußen auf dem Trottoir,
die Tüte unter’m Arm,
der Wind ein bisschen ruppig,
doch mein Herz ist wieder warm.
Die Häuser sagen „Großstadt“,
der Duft nach freier Welt –
ein kleines Stück Berlin hier,
das mir besonders gut gefällt.
Erst mal Kaffee, und dann geh ich weiter,
mein Blick wird wach, mein Schritt ein bisschen breiter.
Auch wenn der Tag verrückt spielt,
mich irgendwo verwickelt –
ich finde meinen Rhythmus schon allein.
Und dann steh ich plötzlich mitten in der Baustelle,
die Absperrung? Naja… irgendwie übersehen.
Ein freundlicher Kranfahrer meint:
„Der Weg ist eigentlich gesperrt.“
Eigentlich? Was soll das heißen?
Ist das ein Ja – ist das ein Nein?
Ein „Vielleicht“ in Sicherheitskleidung?
Ein „Ich wollt nur höflich sein“?
„Eigentlich“ ist das Wort der Stunde,
weichgespült in jeder Runde.
Es schleicht sich in den Satz ganz sacht,
und raubt der Klarheit ihre Macht.
Erst mal Kaffee, vielleicht mit nem Keks,
die Sprache braucht manchmal ein bisschen Pflege.
Und wenn ich „eigentlich“ mal sag,
dann nur, weil ich dich mag –
denn du verstehst mich –
eigentlich ganz genau.
Also dann … erst mal Kaffee.
S. Noir