Lied: Müssen wir im Leben scheitern?

Ich sitz wieder hier, mein Kännchen dampft,
Der Tag zieht draußen seine Bahn.
Ein Silbertablett mit Kratzern spricht
Von hundert Jahren Kaffeehausgeschicht’.

Der Satz hallt nach vom Osterabend,
„Das Leben endet mit dem Tod.“
Ein leiser Klang von Schirachs Worten,
Ein letzter Vorhang, ein stilles Boot.

Müssen wir im Leben scheitern,
Weil es irgendwann vergeht?
Oder liegt in jedem Scheitern
Auch ein Licht, das still entsteht?
Zwischen Sternen, Kaffee, Fragen
Leben wir – und müssen tragen,
Was wir sind und was vergeht.

Ich denk an Bernhard – seine Flucht,
Die ins Kaffeehaus ihn geführt.
Wo andere in den Park spazieren,
Hat ihn das Denken nie berührt.

„Wenn du Einsamkeit suchst – geh unter Menschen“,
sage ich mir, während ich schweige.
Die Tassen klirren, Gedanken fliegen,
und ich verschränk die Arme leise.

Der Tod war nie ganz greifbar nah,
Schon als Kind blieb er abstrakt.
Doch meine Fragen, meine Zweifel,
sind wie Licht, das Welten packt.

Müssen wir im Leben scheitern,
Weil der letzte Takt verklingt?
Oder ist das große Scheitern
Nur der Anfang, der beginnt?
Zwischen Nebeln, Mut und Schweigen
Führen uns die dunklen Steigen
Zu uns selbst – ganz unbezwingt.

Vielleicht ist’s schon ein leiser Sieg,
Wenn du wirst, wie du gedacht.
Vielleicht ist das, was uns bewegt,
Ein Leben, das aus Fragen lacht.
Denn: Der Geist bleibt frei,
Gedanken sind schnell –
schneller als das Licht.

S. Noir