Der Freytag: Schreiben was wa(h)r!

Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage. Ja auch, aber nicht nur. Ich könnte zurzeit stundenlang schlafen. Man möchte sich die Bettdecke über den Kopf ziehen u. mit einem kleinen Restfunken an naiver Kindlichkeit sagen: Ich zähle jetzt bis zehn, dann öffne ich die Augen u. alles ist wieder gut. So gut, wie es einmal in der guten alten Zeit, die gar nicht so weit zurückliegt, war. Ich habe es zig Mal versucht; bin gefühlt weit über 1000 Zählungen hinaus u. es ist nur noch irrsinniger u. noch verrückter geworden – woran liegt das nur? Ich habe es vergessen; kann mich nicht erinnern: Ich bin müde! Mir scheint, dass wir uns im totalen Endkampf befinden. Dem Kampf um das letzte bisschen Verstand, das noch übrig blieb. U. jetzt geht es auch diesem letzten kleinen Restfunken kräftig an den Kragen. – Befinden wir uns jetzt schon im heißen Herbst? Na ja, die Temperaturen sind in dieser Woche sehr angenehm gewesen u. haben zu etwas Abwechslung – Ablenkung? – verholfen. Spazierengehen hilft mir immer, um die Welt wieder normal sehen zu können. – Ich hoffe sehr, dass mein kleines Fünkchen an Restverstand überleben wird – oder, dass zumindest der Teil meines Verstandes erhalten bleibt, der die Spaziergänge in der Natur genießen lässt. Apropos genießen. Alles hat auch immer zwei Seiten. Denn diese Irrsinnszeit brachte mich wieder zum Lesen, zu den Büchern u. im Moment verschlinge ich förmlich die Literatur. Im Moment lese ich u. a. ein Werk von Ferdinand von Schirach mit dem Titel: Strafe, ein Erzählband mit schönen Texten; parallel lese ich auch noch Kurzgeschichten von Raymond Carver, ausgewählte Texte von Franz Kafka u. Wallenstein von Friedrich von Schiller. Wenn auch das Zählen bis zehn unter der Bettdecke nicht funktionierte, so wirkt das Lesen am Abend umso mehr, um wieder positiv mit Vernunft u. Herz die Welt entgegentreten zu können. Früher war das Lesen von Büchern im Kreise der Intellektuellen usus. – Wo sind eigentlich diese Intellektuellen im Land verblieben?

S.