Beethoven: Genial geistreich und am Ende gehörlos – von 60 Kaffeebohnen morgens zur 9te

12. August 1845: Einweihung des ersten Beethoven-Denkmals

1845 wurde das von Ernst Hähnel gestaltete Monument als erstes Beethovendenk-mal weltweit auf dem Bonner Münsterplatz eingeweiht. Für den Bau gründete sich zehn Jahre zuvor ein Komitee, das sich dieser Sache annahm. Die Mitglieder und Finanziers lesen sich wie das „Who is Who“ aus der damaligen Zeit. Präsident war der Gelehrte und Literaturhistoriker August Wilhelm Schlegel. Weitere Mitglieder und Förderer waren Franz Listz, Robert Schumann und weitere. Viele kennen Beethovens berühmtestes Werk, die 9. Sinfonie. Aber wer war dieser Ludwig von Beethoven, der seine Zeit und die nachfolgenden Generationen so sehr in seinem musikalischen Bann zu ziehen vermochte?

Beethoven ganz schnell beschrieben

Im Dezember 1770 als Kind einer Musikerfamilie in Bonn geboren und im März 1827 in Wien verstorben, erschuf er in seinen knapp 57 Lebensjahren zahlreiche musikalische Werke. Darunter neun Sinfonien, 32 Klaviersonaten, 16 Streichquartette, 11 Ouvertüren usw. Beethoven liebte lange Spaziergänge und er ging fast täglich nach seinem üppigen Mittagessen spazieren. Sein Notizbuch war sein ständiger Begleiter und häufig fielen ihm Melodien während dieser Touren ein, die er so-fort in dem Augenblick des Einfalls notierte, um sie später zu Hause auszuformulieren. Heute würde man sagen, dass er einen Waschzwang hatte; es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass er sich mehrfach täglich Unmengen von Wasser über den Körper goss. Ohne Rücksicht zu nehmen, muss er häufig viel Wasser verschüttet haben, so dass sein ganzes Zimmer unter Wasser stand – zum Missmut seiner Vermieter, da die Feuchtigkeit häufig bis ins Mauerwerk einzog. Er ist ca. 70 Mal in seinem Leben umgezogen und soll es auch oft nicht so genau mit dem Bezahlen und mit dem Kündigen seiner Wohnungen genommen haben: Er war nicht nur in der Musik, auch im normalen Leben ein Rebell. Aber er war gleichzeitig auch sehr diszipliniert. Beethoven stand jeden Morgen gegen sechs Uhr auf und ginge gegen 22 Uhr zu Bett. Am Abend pflegte er häufig ein Bier oder einen Wein zu trinken und eine Pfeife zu rauchen, am Morgen trank er stets seinen geliebten Kaffee. Er zählte sorgfältig genau 60 Kaffeebohnen für seinen Morgenkaffe ab – das mag etwas seltsam klingen, aber gestehen wir ihm einfach diesen kleinen Tick zu.

Beethoven eingebettet in seine Zeit

Beethoven lebte zur Zeit der Aufklärung, in dieser nahm man die Vernunft als obersten Maßstab und hielt den damit einhergehenden Fortschritt für etwas Gutes. In seiner Heimatstadt Bonn herrschte damals ein sehr liberaler Geist, der sich in ganz Europa zu manifestieren begann. Ganz besonders in Frankreich; dieser Drang nach Freiheit gipfelte 1789 in Paris im Sturm auf die Bastille. Am 14. Juli desselben Jahres begann die uns allen bekannte Französische Revolution. Es waren Zeiten des Umbruchs, vieles war in Veränderung und dieser Zeitgeist prägte auch das Leben von Beethoven: Er sympathisierte geistig mit der Revolution. Im selben Jahr, als in Paris die Monarchie abgeschafft und die Republik ausgerufen wurde, zog der junge Beethoven von der Rheinmetropole Bonn nach Wien an die Donau. Er folgte einer Einladung von Joseph Haydn und kehrte seiner Heimatstadt für immer den Rücken zu. Mozart war 1791 verstorben und Wien war offen für ein neues musikalisches Idol. Er entwickelte sich sehr schnell zu einem äußerst gefragten Wiener Künstler. Für seine Kompositionen, Veröffentlichung und für seinen Unterricht wurden Höchstpreise bezahlt – er konnte in Folge sehr angenehm und gut in Wien leben. Beethoven war sein Leben lang ein Rebell und vielleicht war genau diese Eigenschaft notwendig, so dass er die musikalische Brücke zwischen Klassik und Romantik schlagen konnte. Seine Anfangszeit in Wien war auch geprägt von Überwachung gegenüber so genannten potentiell aufrührerischen Leuten und von Bücherzensur, denn die Staatsmacht hatte auch hier Angst vor dem Ausbruch einer Revolution; interessanterweise war jedoch der gesamte musikalische Bereich außen vor, hier waren Veränderungen, fernab von Zensur, erlaubt, es war die Zeit der Wiener Klassik (ca. 1779 bis ca. 1825). Zu ihr zählen Beethoven, Hydn und natürlich Mozart – in Kunst und Architektur spricht man übrigens von der Zeit des Klassizismus. Es waren stürmische, bewegende Zeiten. 1792 erklärte Frankreich Österreich den Krieg und kurz vor Kriegsende 1796 veranstaltete Beethoven seine einzige Konzert-Tournee und er bereiste die Städte: Prag, Dresden, Leipzig und Berlin. Gerne wäre er viel weiter und häufiger umhergereist, dieser Wunsch blieb ihm jedoch genauso verwehrt, wie der Wunsch nach einer Familie: Er blieb zeit seines Lebens Junggeselle. Auf dem Weg zum absoluten internationalen Erfolg verdunkelten sich jedoch die Wolken um Beethoven, denn sein Gehör begann stetig immer schlechter zu werden (ab 1800). Einhergehend mit seiner Krankheit wurde er selbst immer mürrischer und zog sich immer weiter von den Mitmenschen zurück. Er wurde – wahrscheinlich krankheitsbedingt – zum Dr. Jekyll und Mr. Hyde; einerseits war er aufbrausend, beleidigend, gerne auch dem Postweg mittels Brief, um im Anschluss herzlich und freundlich zu sein und um Entschuldigung zu bitten – der Kontakt zu ihm glich häufig dem Gang durch ein Minenfeld.
In seinen späteren Jahren wurde er von Haydn und Solieri, zwei hochkarätigen Kompositionslehrern, unterrichtet. Früher nannte man übrigens Komponisten Tonsetzer und Beethoven sah sich selbst als einen Tondichter. An seiner weltbekannten 9. Sinfonie arbeitet er ganze vier Jahre, was fast schon dem großen Richard Wagner gleich kommt, der ebenfalls an so mancher Oper Jahre und an einigen so-gar Jahrzehnte arbeitet. Wenn von der 9. gesprochen wird, so meint man häufig nur den vierten Satz und daraus wiederum: Oder an die Freude. Der große Dirigent Wilhelm Furtwängler spielte 1951 alle vier Sätze der 9. ein und die Spieldauer betrug genau 74 Minuten, dies entspricht genau dem Fassungsvermögen einer CD. Beethoven selbst sah nicht seine 9. sondern die Missa solemnis als sein größtes Werk.

Beethoven gilt heute als der Vollender der Wiener Klassik und als Brückenbauer zur Romantik. Er war, auch wenn er am Ende gehörlos war, ein herausragender Komponist. Der Sockel des Denkmals am Münsterplatz in Bonn trägt die Inschrift: „LUDWIG / van / BEETHOVEN / geb. zu Bonn MDCCL XX.“

SN