Der Freytag: Ein Brückentag und die Rückkehr von Paul Bocuse

Spargelzeit

Manchmal bin ich im Kaffeehaus; manchmal schreibe ich; und manchmal bin ich Paul Bocuse. Es ist nicht das Kochen an sich; es ist das Zubereiten, das Schneiden von saftigem Gemüse, das Tranchieren vom schmackhaften Fleisch, das mir Freude bereitet und mich entspannt. Meine Frau entspannt es ebenso, wenn ich den Kochlöffel schwinge und sie damit von den tagtäglichen Haushaltspflichten etwas entlaste. Gerne experimentiere ich mit den vielen Gewürzen aus unserem üppig gefüllten Gewürzschrank; koste, schmecke, würze nach und beobachte, wie sich der Geschmack mit der Kochzeit verändert. Pfeffer gebe ich an alle Gerichte von mir bei und sehr häufig verwende ich auch Kräuter der Provence – vielleicht ists ja Paul Bocuse, der mir diese Kräuter zum Würzen reicht. Meistens schmeckt das, was ich für uns gekocht habe, auch Bettina sehr gut und ein Lob beflügelt mich und motiviert zum Weiterkochen. Alle Männer mögen, wenn sie gelobt werden; nicht nur, aber auch wenn es ums Kochen geht.

Was verleiht dem Kochen diesen ganz besonderen Beigeschmack von Entspannung? Warum kochen so viele Männer hobbymäßig so gerne und warum ist der Anteil von Frauen unter den professionellen Köchinnen nur bei circa zehn Prozent? Am Können soll es nicht liegen; vielmehr soll es an den langen Schichten, den Wochenenddiensten, dem rauen Ton und am Konkurrenzkampf in den Gastronomieküchen liegen. »Männer sind konkurrenzbetonter, Frauen gar nicht, die machen einfach ihr Ding. Ganz konsequent.«, so Douce Steiner (Sterneköchin). Wenn ich es täglich unter Druck und unter dem Duktus einer Speisekarte machen müsste, wäre meine Entspanntheit beim Kochen und Zubereiten sicher schnell dahin; tötet die Routine und der Zwang alle Freuden ab? Zumindest ist man frei, wenn man selbst entscheiden kann, wann, was und wie viel man kochen möchte. Im Moment koche ich wieder häufiger; viele Jahre war mein innerer Paul Bocuse still.

Unsere letzten gemeinsamen Hochzeiten feierten Paul und ich circa gegen Ende meines Studiums. Sie liegen ein paar Jahre zurück; aber ich kann mich jetzt wieder gut an damals erinnern, als wir beide – Paul und ich – den Kochlöffel geschwungen haben. Oft waren gute Freunde zu Besuch und dann habe ich für uns alle gekocht: Schweinebraten mit Rotkohl und Klößen, Wildgulasch mit Klößen, Folien-Forelle mit Kartoffeln und Gemüse in einer feinen Buttersauce … Heute gab es überbackene Spargel-Schinken-Rollen mit Kartoffeln. Beim Schälen vom frischen Spargel war ich wieder in meinem Element und Paul war auch wieder mit dabei – er ist zurück. Es ist Sommerzeit; es ist Spargelzeit; Zeit für leichtes Essen, Zeit für leichte Zeilen. Wer jetzt denken mag, was ich mit Paul Bocuse am Hut habe, dem sein verraten, dass ich damals einen Kochhut beim Kochen trug, der dem von Paul Bocuse gleich sah. Jetzt ist noch Spargelzeit.

Wie eine beruhigende Meditation. Paul Bocuse und ich beim Spargelschälen: https://www.ganjing.com/de-DE/video/1ftk42c18ebLwXdzFS5hQCLxF1e61c

Ein Rezepttipp. Spaghetti mit grünem Spargel und Lachs: https://www.bettinas-jungbrunnen.de/archive/4411

Fortsetzung folgt …

S.

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Bon Appétit

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